Graupapageien und "Headbangen"...

Alles zur Haltung von Zwergpapageien wie Agaporniden (Unzertrennliche) und Sperlingspapageien, Großpapageien wie Graupapageien, Aras und Amazonen sowie Kakadus.

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kamikatze

Graupapageien und "Headbangen"...

Beitragvon kamikatze » 20.10.2003, 21:28

Ich habe seit pi mal Daumen 4 Jahren einen Graupapageien. Ich hab ihn mir nicht gekauft, sondern er wurde mir sozusagen geschenkt. Früher gehörte er wohl einer Lady, die 2 Papageien hatte, und einer ist halt gestorben, worauf Robin (mein Papagei jetze hier) angefangen hat, sich zu rupfen aus Trauer.
Da dachte sich die Lady wohl: Bevor mir der auch noch eingeht, geb ich ihm lieber jemanden, der auch Vögel hat! ...naja ich kannte diese Frau nicht persönlich, aber eine Freundin kannte sie und so hat Robin über Umwege zu mir gefunden.
Er hat leider nie aufgehört, sich zu rupfen, und ich habe vor, ihn demnächst eine Freundin aussuchen zu lassen, damit er wieder in artgleicher Gesellschaft ist :) Leider fehlte mir bisher nur leider immer das Geld dafür, aber jetzt ist es zum Glück bald soweit.
Ansonsten geht es Robin wirklich gut, er quatscht richtige Eposse (oder wie man das nennt) und macht eigentlich genau das, was clevere Vögel halt so machen, um ihren Besitzer zu ärgern ;)

Nun aber zu meiner Frage: Von meinen anderen Vögeln kenne ich das auch, aber nicht in der Form. Wenn man Musik anmacht, fängt Robin sofort an zu nicken (wie ein Headbanger) und "singt" auf seine Art und Weise mit. (Klingt wie: Tschwiiiiee woooouuuu lalalaaaaa) Das macht er aber auch, wenn er richtig in Redelaune ist, oder wenn man selbst anfängt, zu nicken. Weiss jemand, warum er das tut? Ich hab schon das halbe www abgesucht, um ne Info darüber zu finden - leider ohne Erfolg. Vielleicht könnt ihr mir weiterhelfen?

Vielen Dank,
kami

Rüdiger

Beitragvon Rüdiger » 21.10.2003, 08:50

Moin Kami!

Leider kann ich Dir auch keine schlüssige Erklärung, sondern allenfalls Hypothesen anbieten:
Mir ist diese Verhaltensweise, wenn ich sie denn richtig verstanden habe, von Graupapageien bisher nicht bekannt.

Sie erinnert mich etwas an das "Tanzen" bspw. von Kakadus, bei dem der Zusammenhang mit dem natürlichen Balzverhalten der Tiere offenkundig ist.

Einen Zusammenhang mit dem Balzverhalten erscheint mir jedoch auch bei Graupapageien möglich:
Häufig ist bei ihnen ein heftiges Kopfnicken zu beobachten (und wird dennoch in der Literatur kaum erwähnt), oft verbunden mit einem Klopfen des Oberschnabels auf einen Gegenstand (Wand, Tisch, Ast).
Dieses Verhalten ist wahrscheinlich ein ambivalentes Imponierverhalten:
Einerseits beinhaltet es eine aggressive Komponente und soll potentielle Rivalen oder Konkurrenten fernhalten (so zeigt es einer meiner Grauen häufiger dann, wenn ich ihm etwas wegnehmen will, was er nicht haben soll oder ihn wegsetzen möchte); andererseits ist es auch Bestandteil der Balz.
Zumindest meine Grauen geben dabei aber keine Lautäußerungen von sich.
Ich habe mal versucht, dieses Verhalten auf Film festzuhalten. Es war mein erster Filmversuch - das Laden kann je nach PC und Internetverbindung etwas dauern und erfordert Geduld.
Bei manchen funktioniert es aus irgendwelchen Gründen auch gar nicht (es ist wohl ganz gut, einen neuen Windows Media Player, einen schnellen PC und DSL für die paar Sekunden Film zu haben ):
http://www.papageien-web.de/Filmtest.htm
http://www.stehn-online.de/FilmKopfnicken.html

Es ist vorstellbar, dass Robins "Headbanging" eine Abwandlung dieser Verhaltensweise ist, wobei noch erlerntes Verhalten und Spielverhalten hinzukommen kann (s.u.).

Bei den dieses Verhalten begleitenden Lautäußerungen kann es sich um Kontaktrufe handeln, da ja kein Partner vorhanden ist.
Es ist zwar durchaus möglich, dass Robin dich damit anbalzt, muß aber unbedingt sein:
es kann ebenso auch nur der Versuch des Anlockens eines Partners sein.

Warum es auch durch Musik ausgelöst wird?
Hier mag die Bedeutung von Lautäußerung bei Graupapageien eine Rolle spielen:
viele andere Balzverhaltensweisen werden von laute Pfiffe, Rufe, Schreie begleitet - lautere Musik könnte daher ein auslösender Reiz sein.
Bei Kakadus oder auch Amazonen kann man beobachten, dass dieses Verhalten auch durch ein schnelles "auf -den-Vogel- einreden" ausgelöst wird.

Dabei kann ein erlerntes Verhalten noch hinzukommen:
"tanzende" Vögel sehen ja auch sehr süß aus und zeigen sie dieses Verhalten, können sie sich der Zuwendung und Aufmerksamkeit der Halter sicher sein, besonders, wenn sie dieses Verhalten zur Musik zeigen.
Das Verhalten beruht dann zwar auch auf dem natürlichen (Balz-)Verhalten, Form und Ausprägung jedoch sind erlernt:
"Mache ich das und das, kümmert sich jemand um mich."

Schließlich wird bei Tieren in Gefangenschaft oft beobachtet, das bestimmte Verhaltensweisen zeitlich und in der Intensität ausgedehnt wierden, weil andere Verhaltensweisen nicht oder nicht in dem Maße notwendig sind wie im Freileben:
Bspw. braucht die Futtersuche sehr viel weniger Zeit, sie müssen nicht vor Beutegreifern fliehen, es ist nicht notwendig, sich gegen Konkurrenten durchzusetzen etc.
Die entstehende "freie Zeit" wird durch andere Verhaltensweisen ausgefüllt:
so ist beobachtet worden, das viele Papageien in Gefangenschaft sich sehr viel länger und intensiver der Gefiederpflege widmen, das die Paarbindung enger, mehr Zeit auf Balzverhalten, auf die Paar - und allgemein die soziale Kontaktpflege verwandt wird und schließlich, das auch das Spielverhalten ausgeprägter ist.
Auchb hierin kann eine Ursache für ein (eventuell etwas übersteigertes oder durch lernen modifziertes) Balzverhalten Robins liegen, durch das der Vogel sich auch selbst beschäftigt.

Auf alle Fälle wird es richtig sein, dem Vogel einen Artgenossen zuzugesellen, denn meiner Meinung nach liegt diesem Verhalten immer der Wunsch nach Kontakt, Aufmerksamkeit, Zuwendung und damit auch Abwechslung zu Grunde.
Da er ja bereits einmal verpaart war sind die Chancen auf eine problemlose Zusammenführung gut.
Empfehlen würde ich, vor ab eine Geschelchtsbestimmung machen zu lassen, denn die Chancen auf den Erfolg einer Vergesellschaftung oder Verpaarung steigen noch, wenn der andere Graue das Gegengeschlecht hat.
Eine Geschelchtsbestimmung läßt sich heute am leichtesten anhand einer ausgezupften Feder machen, die an ein Labor eingeschickt wird.
Bei Bedarf kann ich Dir auch Adressen nennen.

kamikatze

Beitragvon kamikatze » 21.10.2003, 14:11

Hey Rüdiger,

vielen Dank für die ausführliche Antwort. Irgendwie ergibt das jetzt alles einen Sinn :)
Ich wäre für Adressen von solchen Laboren sehr dankbar, weil ich mich auch schon immer gefragt habe, ob die vorige Besitzerin wirklich so genau wusste, dass Robin auch ein Er ist....
Ich merk schon, es ist egal, wie lange und intensiv ich mich mit Robin beschäftige, er möchte auf jeden Fall eine Papageienfreundin und das kann ich ihm leider nicht geben. Bald ist es jedenfalls soweit :)
Danke nochmal :)

kami

Rüdiger

Beitragvon Rüdiger » 21.10.2003, 14:23

Hallo nochmal!

Hier einge Adressen, wobei mir die erste besonders empfehlenswert erscheint:

Dr. Markus Rahaus
Freiheit 7
45701 Herten
Tel.: 0209/1658177
http://grete.virtualave.net/index-a.htm

Medigenomix GmbH
Lochhamer Str. 29
Martinsried bei München
82152
Tel.:089-899-8920
http://www.medigenomix.de

Institut für klinische Prüfung
Ludwigsburg GmbH
Veterinärmedizinisches Labor
Postfach 1110
71611 Ludwigsburg
Tel. 07141/ 96638

Institut für Molekulare Diagnostik Bielefeld
Postfach 102173 - D 33613 Bielefeld
http://www.geschlechtsbestimmung.de/

Pluma Molekularbiologische Analytik
Postfach 700359 in 70573 Stuttgart
Tel.0711-9905923

Laboklin
Prinzregentenstr. 3
97688 Bad Kissingen
Tel.: 0971/72020

Die Kosten liegen etwa zwischen 15 und 25 Euro. Einige Institute nehmen auch frisch ausgefallene Federn.

Doris W.

Beitragvon Doris W. » 27.10.2003, 10:29

Hallo Kami!

Ich kenne haargenau das selbe Verhalten von meinem Gelbbrustara-Hahn. Er lebte 6-7 Jahre einzeln in einer Familie im Wohnzimmer auf einem Freisitz. Er ist flugunfähig (vermutlich bereits seit nestlingsalter verletzungsbedingt), durch die lange isolierte Haltung war er äußerst auf Menschen fixiert, vor allem Frauen. Seine Hauptbeschäftigung auf seinem alten Platz war der Radio, denn er musste am Tag gut 10 Stunden allein sein. Das war wohl auch der Grund, wieso er dann letztendlich dort weg musste - er schrie unaufhörlich, fing später auch noch an zu rupfen (die Schwanzfedern waren bis auf die Kiele abgebissen). Bei mir lebt er jetzt seit 1999. Mittlerweile läuft es mit seiner Henne, ein Verpaarungsversuch hat letztendlich doch noch "gefunkt", sehr gut. Auch ist er aktiver geworden bzw. er verhält sich nicht mehr, als würde er zum Mobiliar gehören, sondern ist recht vorwitzig in seinem 35 qm Vogelraum unterwegs. Der Vogel hat ein stark ausgeprägtes Nachahmungspotential und so einige Sachen aus der damaligen Zeit behalten.

Darunter z.B. "grüßen" (Fuß in die Höhe, "Hallo!"), "schimpfen" (Fuß auf und ab, "Du, Du!" im vorwurfsvollen Ton) und das Tanzen. Dreht man Musik auf, fast egal welche (allerdings vor allem Volksmusik ;) ), schaukelt er linksrechts, nickt mit dem Kopf, "hüpft" auf und ab oder schunkelt ganz langsam und jault leise dazu. Das Kopfnicken und Tanzen kommt wie gesagt vor allem bei Musik vor, macht es jemand vor ist er aber genauso schnell dabei. Mittlerweile ist er ziemlich vom Menschen entwöhnt, mit Eintritt Brutstimmung würde ich ihm sogar eher nicht mehr zu nahe kommen (sehr aggressives Verhalten, verteidigt seine Henne aufs Schärfste), aber daran hat das nichts geändert. Seine Henne macht das Kopfnicken und die "Fußsprache" seit einigen Monaten bereits mit, wenn auch ziemlich tollpatschig. Er macht die Bewegungen flüssig und es scheint ihm durchaus zu gefallen, wenn er dadurch im Mittelpunkt steht, ihr abgekupfertes Spiel dagegen wirkt wie bei einem Roboter. Er hatte aber natürlich länger Zeit zum üben. ;)

Erstaunlich fand ich persönlich, dass der Vogel diesen ganzen Firlefanz weiter mit dieser Begeisterung vorführt, obwohl er z.B. diesen Sommer hindurch praktisch alles menschliche verscheucht hat, was ihm in seinem Vogelraum näher als auf 1 m Distanz gekommen ist. Die Henne wird von ihm unter den Flügel genommen und er droht gleichzeitig sogar mich oder meine Mutter, die er sich damals direkt nach der Übernahme sofort als Bezugsperson ausgesucht hat (sie ist der Vorbesitzern sehr ähnlich), intensiv an. Trotzdem - die "Tricks" sind geblieben.

Hier ein Foto der zwei. Links er, rechts sie (mit noch nicht ausgefärbter Iris):

Bild

Gruß,
Doris

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